Verfassungsgebende Gewalt
(pouvoir constituant) ist der Ursprung der verfassten Staatsgewalt (pouvoir constitue). In der Demokratie liegt die verfassungsgebende Gewalt beim Staatsvolk: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus [Art. 20 II 1]. Diese Verortung der verfassungsgebenden Gewalt beruht auf einer Doktrin der Französischen Revolution von 1789. Sic ist grundverschieden von früheren Ideen, wonach die ursprüngliche Gewalt im Staate (potestas constituens) nicht von irdischen Mächten, sondern von Gott ausging. Die verfassungsgebende Gewalt realisiert sich im Akte der Verfassungsgebung.
BVerfG, 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 - Leitsatz 21
Zitat
21. Eine verfassunggebende Versammlung hat einen höheren Rang als die auf Grund der erlassenen Verfassung gewählte Volksvertretung. Sie ist im Besitz des “pouvoir constituant". Mit dieser besonderen Stellung ist es unverträglich, daß ihr von außen Beschränkungen auferlegt werden.
a) Sie ist nur gebunden an die jedem geschriebenen Recht vorausliegenden überpositiven Rechtsgrundsätze und -
als verfassunggebende Versammlung eines werdenden Gliedes des Bundesstaates - an die Schranken, die die Bundesverfassung für deren Inhalt der Landesverfassungen enthält. Im übrigen ist sie ihrem Wesen nach unabhängig. Sie kann sich nur selbst Schranken auferlegen
.b) Ihr Auftrag ist gegenständlich beschränkt. Sie ist nur berufen, die Verfassung des neuen Staates und die Gesetze zu schaffen, die notwendig sind, damit der Staat durch seine Verfassungsorgane wirksam handeln und funktionieren kann
.c) Ihre Unabhängigkeit bei der Erfüllung dieses Auftrages besteht nicht nur hinsichtlich der Entscheidung über den Inhalt der künftigen Verfassung, sondern auch hinsichtlich des Verfahrens, in dem die Verfassung erarbeitet wird.
Zitat Ende
Verfasser dieser Seite: michael: aus der Familie Heimann; verfasst am 10.07.2020, Quelle: http://www.rechtslexikon.net/d/verfassungsgebende-gewalt/verfassungsgebende-gewalt.htm